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Die Zwölf Schlüssel des Basilius Valentinus

Transcribed by Johann Plattner from Aus Fr. Basilii Valentini Benedictiner Ordens Chymische Schriften.... Hamburg / In Verlegung Johann Naumans und Georg Wolff. Anno M.DC.LXXVII.
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Zwölff Schlüssel
FRATRIS
BASILII VALENTINI
Ordinis Benedictini.
Dadurch die Thüren zu dem uhralten
Stein unser Vorfahren eröffnet / und
der unerforschliche Brunnen aller
Gesundheit erfunden wird.
 
 
Der Erste Schlüssel.
Mein Freund sol wissen / daß alle unreine und befleckte Dinge zu unserem Werck indignae sind / Dann ihr Aussatz kan keine Beförderung gebehren zu unserem Werck / und das gute wird durch den unreinen Weg verhindert.
     Alle Krämer-Wahr auß den Bergen gilt ihr Geld / wann aber Verfälschung beybracht wird / ist die Wahr untüchtig worden / denn sie ist verfälschet / und ist nicht mehr / wie zuvor gewesen / in ihrer operation.
     Und wie der Arzt den innerlichen Leib außseget und säubert durch Mittel seiner Artzeney / und alle Unreinigkeit von ihm außtreibet / Also müssen auch unsere Cörper geseget und purgiret werden / von aller Unreinigkeit / damit in unser Geburt die Vollkomenheit würcken kan / Unsere Meister erfordern einen reinen unbefleckten Leib / so mit keinem Mackel noch einiger frembder Vermischung bekleidet ist / Denn frembder Zusatz ist unserer Metallen Aussatz. 

     Die Krone des Königs sol von reinem Golde seyn / und eine keusche Braut sol ihm vermählet werden. Darumb so du durch unsere Cörper wircken wilt / so nimb den geitzigen grauen Wolff / so seines Namens halben dem streitigen Marti unterworffen / Von Geburt aber ein Kind des alten Saturni ist / so in den Thälern und Bergen der Welt gefunden wird / und mit grossen Hunger besessen / und wirfft ihm für den Leib des Königs / daß der daran seine Zehrung haben möge / Und wenn er den König verschlungen / so mache ein groß Feuer / und wirff den Wolff darein / daß er gantz und gar verbrenne / so wird der König wieder erlöset werden / Wenn das dreymahl geschicht / so hat der Löwe den Wolff überwunden / und wird nichts mehr an ihm zu verzehren finden / so ist dann unser Leib vollkommen zum Anfang unsers Wercks.
     Und wisse / daß dieses nur allein der rechte Weg ist hierzu tüchtig / unsere Cörper zu reinigen / dann der Leo säubert sich durch das Geblüte des Wolffs / und des Geblüts Tinctur freuet sich wunderbarlich mit der Tinctur des Löwens / denn ihr beyder Geblüt sind in der Gesipschafft naher Verwandniß / Und wann sich der Löwe ersättiget hat / ist sein Geist stärcker worden / denn zuvor / und seine Augen geben einen stoltzen Glantz von sich / wie die helle Sonne / sein inners Wesen vermag denn viel zu thun / und ist nutzlich zu allem dem / darzu man ihn erfordert / und so er in seine Bereitschafft gebracht wird / so dancken ihm die Menschen-Kinder / mit schweren hinfallenden Kranckheiten und mehren Seuchen beladen / die zehen aussätzigen Männer lauffen ihm nach / und begehren zu trincken / von dem Blut seiner Seelen / und alle / so Gebrechen haben / erfreuen sich höchlich seines Geistes / Denn wer von diesem güldenen Brunnen trincket / empfindet eine gantze Verneuerung der Natur / Hinnehmung des Bösens / Stärcke des Geblüts / Krafft des Hertzens und eine vollkommene Gesundheit der Glieder / sie seyen innen beschlossen / oder ausser dem Leibe empfindlich / Denn es eröffnet alle Nervos und Poros, damit das böse kan außgetrieben werden / und das gute dero statt ruhiglich bewohnen kan.
     Mein Freund sol aber ein fleissiges Auffsehen haben / daß der Brunn des Lebens lauter und klar befunden werde / Denn keine frembde Wasser müssen sich in unserm Brunnen vermischen / auff daß keine Mißgeburt entstehe / und auß einem gesunden heilsamen Fisch eine Schlange herfür krieche / da auch durch Mittelwege / eine Schärffe darzu gefüget / dadurch unser Leib gebrochen worden / so verschaff / daß alle Corrosiv abluirt werde / Denn keine Schärffe ist dienlich den innerlichen Kranckheiten zu wehren / denn das Scharffe dringet durch mit Zerstörung / und würde mehr Kranckkeiten gebehren / Sondern unser Brunnen muß ohne Gifft seyn / wiewol Gifft mit Gifft muß vertrieben werden.
     Wann ein Baum keine gesunde wolschmeckende Frucht bringet / so wird er abgeschnitten auff seinem Stamm / und wird ein andere Art besserer Früchten darauff geimpffet / Dann vereinigt sich das Reiß mit dem Stamme / daß auß dem Stamme und seiner Wurtzel mit sampt dem Reiß alles ein guter Baum wird / und nach Begehren eines Impffers eine gute gesunde wolschmeckende Frucht herfür giebet.
     Sechs Stätte durchwandert der König am himmlischen Firmament / aber in der siebenden behält er seinen Sitz / Denn der königliche Saal daselbsten ist mit guldenen Stücken behänget.
     Verstehest du jetzo / was ich rede / so hastu mit dem Schlüssel das erste Schloß eröffnet / und den Rigel des Anlauffs zurück getrieben / kanst du aber noch kein Liecht darinnen ergründen / so wird dich auch kein gläsern Gesichte befördern / noch natürliche Augen vermögen zu helffen / das letzte zu finden / das du im Anfang gemangelt hast / Dann ich wil nicht ferner reden von diesem Schlüssel / wie mich Lucius Papirius gelehret hat.
 


Der Ander Schlüssel.
In den Höfen der Großmächtigen und Gewaltigen / werden vielerley Art der Geträncke gefunden / und doch keines dem andern gleich am Geruch / Farbe und Geschmack / dann ihre Bereitung ist mannigfalt / und werden gleichwol alle getruncken / dieweil ein jedes an seine statt  zugerichtet ist / und zu der Hoffhaltung von nöthen.
     Wenn die Sonne ihre Strahlen von sich gibt / und außbreitet unter den Wolcken / so spricht der gemeine Mann / die Sonne zeucht Wasser und es wird regnen / und so das öffter geschicht / gibt es ein fruchtbar Jahr. Einen köstlichen herzlichen Pallast in die Höhe zu bauen / müssen viel macherley Art Meister und Arbeiter ihre Hand anlegen / und gebrauchen / ehe der Pallast gezieret / und vollkommen geheissen wird / Denn was steinern seyn sol / kan nicht höltzern gemacht seyn. 

     Durch den täglichen Ablauff des wütenden Meers und seiner Wiederkunfft / welcher sich auß eingegossener Liebe / so es von oben herab auß dem gestirneten Himmel empfangen / also artet und erzeiget / werden viel mächtige Reichthumb den Landen dadurch bewiesen / Denn als offt seine Wiederkunfft geschicht / bringet es den Menschen zu gut das seinige mit.
     Eine Jungfrau / so man vermählen wil / die wird zuvor mit Mannigfaltigkeit der Kleidung zum besten und schönsten gezieret / damit sie ihrem Bräutigamb Gefallen bringet / und das Band der Liebe durch ihr hertzlich Anschauen / desto tieffer und brünstiger einwurtzeln möge / Und so die Braut denn ihrem Ehegatten nach fleischlichem Herkommen beygelegt wird / wird die mannigfaltige Kleidung aller bey und abgelegt / und die Braut behält keines mehr / denn dieses / so ihr der Schöpffer in der Geburt gegeben hat.
     Also wenn unser Bräutegam Apllo mit seiner Braut Diana durch Heyraht sol vermählet werden / müssen ihnen zuvor auch macherley Kleidung bereitet / und ihre Häupter und gantzer Leib mit Wasser wol gewaschen werden / welche Wasser du durch vielfältige Manier der Destillirung zu bereiten erlernen must / Denn sie sind sehr ungleich / etliche hoch / etliche gering / darnach man derer bedürfftig ist / gleich wie ich von den vielfältigen Geträncken gesagt habe / und wisse / wenn die Feuchtigkeit der Erden auffsteiget / und der Nebel auffgezogen wird / gibt es sich in der Höhe zusammen / und fällt durch seine Schwere nieder / dadurch dem Erdreich seine verlohrne Feuchtigkeit wieder gegeben wird / das erquicket dann die Erden / und gibt ihr Nahrung und Fügung / daß Laub und Graß auß ihr wachsen können darum müssen etliche Bereitung deiner Wasser im distilliren offt wiederholet werden / daß du den Abzug seiner Erden viemals wieder giebest / und aber darvon treibest / gleich wie das Meer Euripus die Erden öffter verläst und entblösset / und wieder bedecket / biß es zu seinem gewissen Ziel kommen.
     Wenn man als denn den Pallast des Königes mit vieler Hand-Arbeitung bereitet und gezieret hat / und das gläserne Meer seinen Lauff verrichtet / und den Pallast mit Gütern erfüllet hat / als denn mag der König wol sicher darein gehen / und seine Wohnung auffschlagen.
     Doch mercke mein Freund dieses sehr wol / daß der Bräutigam sich mit seiner Braut nackend und bloß vermählen muß / darumb müssen alle zubereitete Sachen zum Schmuck ihrer Kleider und notwendiger Zier iherer Angesichter / wiederumb von ihnen genommen werden / daß sie gantz bloß das Grad besitzen / wie sie bloß gebohren sind / damit ihr Same durch fembde Einmischung nicht möge zerstöret werden.
     Zum Schluß dieses Sermons sage ich dir in aller Warheit / daß das überköstliche Wasser / dadurch der Bräutigam sein Bad haben sol / von zweyen Fechtern (verstehe von zweyen widerwärtigen Materien) muß gantz klüglich und mit grosser Sorgfältigkeit gemacht werden / Denn ein Kämpffer  muß den andern forttreiben / damit sie zum Streit geschickt werden / und Ritterschaft erlangen können / Denn es ist dem Adler nichts nütze / daß er sein Nest alleine in das Alpgebirg mache / denn seine Jungen müssen erfrieren von wegen des Schnees / so sich oberst der Berge gesetzt.
     Wenn du aber dem Adler / den alten Drachen / so seine Wohnung in den Stein-Felsen lange Zeit gehabt / und in den Speluncken der Erden sich auß und einschleifft / zusetzest / und setzest sie beyde auff den höllischen Stuhl / so wird Pluto dermassen zublasen / und wird dem kalten Drachen einen fliegenden feurigen Geist außjagen / welcher durche seine grosse Hitze dem Adler seine Federn verbrennen wird / und eine Schwitzbanck bereiten / damit der Schnee am höchsten Gebirge zerschmeltzen und zu Wasser werden muß / auff daß das mineralische Bad recht bereitet / und dem König Glück und Gesundheit geben kan.
 

Der Dritte Schlüssel.
Durch Wasser kan Feuer vertilget / und gantz un gar verlöscht wrden / so man viel Wasser in wenig Feuer geust / so muß das Feur dem Wasser gehorsam seyn / und ihm die Herrschafft des Seigs  zulassen / also muß unser feuriger Schwebel auch durch Wasser zu der Kunst gemacht / überwunden und erstritten werden / soll anders nach Abscheidung der Wasser / das feurige Leben unsers Schwebels Dampf  triumphiren und wiederumb obsiegen / Es kan aber kein Triumph in solchem Vorhaben geschehen / es habe dann der König seinem Wasser Stärck und Krafft zugeeignet / und ihm den Schlüssel seiner Hoff-Farbe überantwortet / daß er dardurch zerbrochen und unsichtbar gemachte werde / doch auff dißmal muß siene sichtbare Gestalt wieder zu händen komen / aber mit grossem Abbruch sines einfältigen Wesens / und grosser Verbesserung seines Standes. 

     Ein Mahler kan auff weiß gelbe / und aufff gelbe roth / und gar purpurbraune Farbe wol anstreichen / Und ob wol alle Farben noch vorhanden / so behält doch die letzte / so in ihrem Grad die höchste / die überhand / Und das muß in unser Meisterschafft auch geschehen / und so solches geschehen / so hast du das Liecht aller Weißheit für Augen / welches im dunckeln leuchtet / und doch nicht brennet / Denn unser Schwebel brennet nicht / und leuchtet gleichwol ferne / Er färbet auch nicht / er sey dann zuvor bereitet / und selbsten gefärbet mit seiner Farbe / auff daß er weiter färben kan die schwachen unvollkommenen Metallen. Es ist aber demselbigen Schwebel nicht zugelassen zu färben / es sey dann solche Farbe mit grossem Bestand ihm zugeeignet / Denn der Schwache kan nicht obsiegen / sondern der stärkere behält die Herrschung über den schwächesten / und muß schwach durch das stärckste weichen / und nachgeben. Darumb behalte auff diese Rede folgenden Beschluß und Meinung / ein geringes kan einem andern geringen nicht helffen / noch eine Beförderung mittheilen zu seiner Würckung / und ein verbrennlich Ding kan keine Schützung geben  einem andern verbrennlichen Dinge / auff daß es auch nicht verbrennen mag / Sol nun ein Schützer da seyn / der dem verbrennlichen beywohne / und dafür erhalte / so muß der Beschützer erstlich mehr Gewalt haben / dann der / den er bewahret / und zuvor selbst in seinem Wesen unverbrennlich mit Warheit in aller Beständigkeit sich erzeigen und beweisen können: Also wer da unsern unverbrennlichen Schwefel aller Weisen bereiten wil / der nehme zuvor achtung für sich / daß er unsern Schwefel suche in einem / da er unverbrennlich innen ist / welches nicht geschehen kan / es habe dann das versalzene Meer den Leichnam verschlungen / und auch gantz und gar wieder von sich auß geworffen / alsdenn erhöhe ihn in seinem Grad / auff daß er alle andere Sternen des Himmels in seiner Klarheit weit übertreffe / und in seinem Wesen so blutreich worden / wie der Pelican / wen er sich in seine Brust verwundet / alsdenn ohne Kränckung seines Leibes / seiner Jungen viel ernehret / und von seinem Blut speisen kan / Das ist die Rose unserer Meister / von Farbe des Scharlachs / und das rothe Drachen-Blut von vielen geschrieben / Auch der Purpurmantel des höchsten Gebieters in unser Kunst / damit die Königin des Heyls bedecket wird / und dadurch alle dürfftige Metallen können erwärmet werden.
     Diesen Mantel der Ehren verwahre wol mit dem Astralischen Saltze / welches diesem himmlischen Schwefel nachfolget / auff daß ihm kein Unfall begegne / und die fliegende Krafft des Vogels theile ihm mit / so viel ihm von nöthen / so wird der Hahne den Fuchs fressen / demnach im Wasser ertrincken / durchs Feuer lebendig werden / auff daß gleich und gleich verglichen werde.
 
 

Der Vierdte Schlüssel.
Alles Fleisch gebohren auß der Erden / muß zerstöret / und wieder zur Erden werden / wie er zuvor auch Erden gewesen / Alsdann gibt das irdische Saltz eine neue Geburt durch die Himmlische Erweckung / Denn wo erstlich kein Erden wird / da kan auch kein Aufferstehung folgen in unserm Werck / Dann in den Erden stecket der natürliche Balsam / und das Saltz derer / so da gesucht haben die Wissenschaft aller Dinge. 

     Am letzten End-Urtheil der Welt / wird die Welt durch das Feuer gerichtet werden / das zuvor auß nichts durch den Meister gemacht / wiederumb durchs Feur zu Aschen werden muß / Auß derselben Aschen wird der Phoenix seine Jungen endlich wieder herfür bringen / Denn in solcher Aschen steckt warhafftig der rechte Tartarus / welcher muß auffgelöset werden / und nach seiner Solution kan das feste Schloß des köngiglichen Gemachs eröffnet werden.
     Neue Himmel und Erden wird gemacht werden nach der Verbrennung / und der neue Mensch wird viel herzlicher erscheinen / denn er zuvor in der ersten Welt gewesen / denn er ist verkläret worden.
     Wenn Aschen und Sand durch das Feuer wol gezeitigt und gar gekocht werden / so macht der Meister darauß ein Glas / das da im Feuer hernacher immer bestehet / und an der Farbe einem durchsichtigen Steine gleich / und vor keine Aschen mehr wird erkandt / das ist dem Unwissenden eine grosse geheime Kunst / dem Wissenden aber nicht / denn es ist ihm durch die Wissenheit und offter Erfahrung zu einem Handwerck worden.
     Auß Steinen brennet der Meister auch Kalck / daß man ihn zur Arbeit brauchen kan / und ehe er durch Feuer darzu bereitet wird / ist es ein Stein / und kan zu der Arbeit für Kalck nicht gebraucht werden / durch das Feuer aber wird der Stein gezeitiget / und nimpt von dem Feuer einen sehr hitzigen Grad an sich / und stärcket sich / und wird also mächtig / daß dem feurigen Geist des Kalcks / so er in seine Vollkommenheit gebracht / schier nichts zu vergleichen.
     Ein jedes Ding / so es zu Aschen gebrand wird / gibt von sich durch Kunst sein Salz / Kanstu in seiner Anatomia den Schwefel und seinen Mercurium sonderlich behalten / und dem Salz wiederumb damit seine Erstattung thun / genugsam nach der Kunst / so kan das wieder darauß werden durch das Feuer / welches es für der Zerstörung und seiner Anatomia gewesen / welches die Klugen dieser Welt eine Thorheit nennen / und achtens für eitel Lügen / heissen es ein neu Geschöpff / welches dem Sünder von Gott nicht zugelassen / und verstehens doch selber nicht / daß das Geschöpff zuvor gewesen / und der Meister allein durch den Samen der Natur seine Vermehrung und Meisterschaft beweiset.
     Welcher Meister kein Aschen hat / der kan auch kein Salz machen zu unserer Kunst / denn ohne Salz kan unser Werck nicht leibhafftig gemacht werden / denn die Erhartung aller Ding würcket das blosse Saltz allein.
     Gleich wie das Saltz ist eine Erhalterin aller Ding / und bewahret für der Fäule / Also ist das Saltz unserer Meister auch ein Schutz der Metallen / daß sie nicht können gar zu nichte gemacht und verderbet werden / daß nicht wieder etwas darauß werden solte / es sterbe dann ihr Balsam / und eingeleibter Saltz-Geist von Natur ab / alsdenn were der Leib todt / und könte nichts fruchtbarliches weiter darauß gemacht werden / Denn die Geister der Metallen werden abgewichen / und nur durch natürliches Absterben eine leere todte Wohnung verlassen / darinnen kein Leben wieder zu bringen.
     Mercke aber dieses / mein Lehrer der Kunst / daß das Saltz auß der Aschen viel vermag / und sind viel Tugenden in ihm verborgen / Doch ist das Saltz kein nütze / es sey denn sein inneres herauß gebracht und umbgekehret worden / Denn der Geist alleine ists / so da gibt Krafft und auch das Leben / der blosse Leib vermag hierzu nichts / Weist du den zu finden / so hastu das Saltz der weisen Meister / und das unverbrennliche Oel warhafftiglich / davon vor mir viel geschrieben worden.
Und weren / der Meister noch so viel /
   So auff mich richten ihre Ziel /
So habens doch wenig dahin gebracht /
   Daß sie ergründet mein rechte Krafft.
 


Der Fünffte Schlüssel.
Das Leben in der Erden bringt alles herfür so auß ihr wächst / und welcher da sagt die Erden sey todt / der redet keine Wahrheit / denn ein todtes kan einem lebendigen nichts mittheilen / und der Zugang hat bey dem Todten ein Ende / denn der Geist des Lebens ist geflogen / Darumb ist der Geist das Leben und Seele der Erden / welcher in ihr wohnet / und vom Himmlischen und Syderischen in das Irrdische seine Wirckung empfähet / denn alle Kräuter / Bäum und Wurtzeln / auch alle Metallen und Mineralien / empfahen ihre Krafft / Zugang und Nahrung auß dem Geist der Erden / Denn der Geist ist das Leben / welcher auß dem Gestirn gespeiset wird / und welcher ferner dann seine Nahrung gibt in alle Gewächse / und wie die Mutter ihr Kind im Leibe verborgen hält / und durch die Nahrung bey ihr speiset / also speiset auch die Erde die Mineralien / so in ihrem Leibe verborgen ligen / durch ihren Geist / welchen sie von oben herab empfähet / darumb gibt die Erde für sich die krafft nicht / sondern der lebendige Geist / so in ihr wohnet / und so die Erde ihres Geistes mangeln solte / were sie denn todt / und könte kein Nahrung mehr von sich geben / dieweil ihrem Schwefel oder Fettigkeit der Geist / welcher die lebendige Krafft erhält / und alle Wachsung durch das Nutrimentum forttreibt / beraubet were. 

     Zween widerwertige Geister wohnen wol beyeinander / vertragen sich aber nicht leichtlich zusammen / denn das das Büchsen-Pulver angezündet wird / fliegen die zween Geister / darauß das Pulver gemacht worden / mit einem grossen Gethöne und grosser Stärcke von einander / und fliegen in die Lufft / daß sie niemands mehr erkennen kan / und niemands sagen kan / wo sie hinkommen / oder was es gewesen / so man nicht durch Erfahrenheit innen worden / was es für Geister gewesen / und in welchem Wesen sie gesteckt weren.
     Darauß soltu wissen / mein Lehrer der Kunst / daß das Leben allein ein lauter Geist ist / und also alles / was die unwissende Welt für todt hält / muß wiederumb in ein unbegreiflich sichtbar geistliches Leben gemacht / und darinnen erhalten werden / sol anders Leben mit Leben wircken / welche Geister sich speisen und ernehren von dem Himmelthau / und sind von einem himmlischen / elementischen und irdischen Wesen gebohren / welches wird Materia informis genannt.
     Unnd gleich wie das Eisen einen Magneten hat / so ihn seiner wunderbarlichen unsichtbaren Liebe halben an sich zeucht. Also  unser Gold auch einen Magneten hat / welcher Magnet ist die erste Materia unsers grossen Steins: Verstehest du diese meine Rede / so bistdu reich unnd selig für aller Welt.
     Noch eine Erklärung muß ich dir in diesem Capitel für halten: Wenn der Mensch in einen Spiegel sihet / so gibt ihm der Widerschein auch ein Bildniß: So man aber dasselbe mit Hände antasten wil / so ist nichts begreifliches dar / denn der Spiegel / darein der Mensch gesehen. Also nun muß von dieser Materia ein sichtbahrer Geist außgetrieben werden / welch doch unbegreiflich ist / derselbige Geist / sage ich / ist die Wurtzel  des Lebens unser Cörper / und der Mercurius der Philosophen / darauß das liquorische Wasser bereitet wird in unser Kunst / welchen du in seiner Composition wiederumb mineralisch machen / und durch gewisse Mittel vom niedrigsten biß auff den allerhöchsten Grad / in eine überflüssige Medicin bereiten solst / denn unser Anfang ist ein zugeschlossener begreiflicher Leib / das Mittel ein flüchtiger Geist / und das güldene Wasser ohn alle Corrosiv / davon unsere weise Meister ihr Leben erlanget / Das Ende aber ist eine überfixe Medicin / menschlicher und metallischer Leiber / so mehr den Engeln als den Menschen zu wissen vergönnet / wiewol auch solche Menschen dieselbe erlangen / welche durch das hertzliche Gebet / die von Gott bitten / und gegen ihm und dem dürfftigen Menschen danckbar seyn.
     Zum Schluß hierauf sage ich dir warhafftiglich / daß eine Arbeit auß der anderen gehen muß / denn unsere Materia muß anfangs unsers Wercks wol und auffs höchste gereiniget / alsdenn auffgeschlossen und zerbrochen / / auch zerstöret / und zu Staub und Aschen werden: Wenn das alles geschehen / so bereite darauß einen fliegenden Geist / weiß  als der Schnee / und noch einen fliegenden Geist / roht als ein Blut / dieselbe beyde Geister die haben den dritten in sich / und ist doch nur ein einiger Geist / und sind die drey Geister / so das Leben erhalten und vermehren / die füg zusammen / gib ihnen / was ihnen an Speiß und Tranck von Natur von nöthen / und erhalte sie im Ehebett der Wärme biß zu der vollkommenen Geburt / so wirst du sehen und erfahren / was  dir der Schöpfer und die Natur zu wissen vergönnet / und wisse / daß ich meinem Munde so weit keine Offenbahrung mehr gethan habe / und Gott hat mehr Würckung unnd Wunder der Natur einverleibet / weder viel tausend Menschen solches glauben können; Mir aber ist ein Siegel vorgerrucket / auff daß andere nach mir auch Wundersachen schreiben mögen / so da natürlich vom Schöpffer zugelassen / aber übernatürlich von den Unweisen gehalten werden. Denn das natürliche hat seinen ersten Anfang vom Übernatürlichen / und ist doch alles nichts zusammen / denn eitel natürliches zu befinden.
 

Der Sechste Schlüssel.
Ein Mann ohn ein Weib / ist ein halbe Leib / und ein Weib ohn ein Mann ist gleichfalls für einen halben Leib zu achten / denn sie können allein keine Frucht erwecken. Wenn sie aber in ehelicher Beywohnung beysammen leben / so ist der Leib vollkommen / und kan durch ihren Samen eine Vermehrung folgen.
    Wenn man zuviel Samen auff den Acker wirft / so wird der Acker überladen / daß keine vollständige Frucht erfolgen kann; Ist aber des Samens zu wenig / so wird die Frucht dünne / und wächset Unkraut an die statt / dadurch gleicher massen kein Nutz erfolgen kan.
     Wer sein Gewissen mit keiner Sünde belästigen wil im Verkauffen der Wahre / der sol seinem Neben-Menschen mit gleichem Maaß begegnen / und ihme rechte Elle und Gewichte mittheilen / damit er dem Fluch entrinne / und bey dem Armen ein Danckopffer zurichte. In grossen Wassern pflegt man leichtlich zu ertrincken / und die kleinen Wasser werden leichtlich von der Hitze der 

Sonnen außgetrocknet / daß sie für nichts zu gebrauchen.
     Derowegen zu Eroberung des gewünschten Ziels gar ein gewiß Mensur in deiner Zusammenfügung der Philosophi liquorisches Wesens / muß in acht genommen werden / damit das grössere den mindern Theil nicht übermennige / und dadurch verdrucke / daß kein Auffwachsung geschehen kan / auch das minder dem grössern nicht zu schwach / damit solches die Nebenherrschung erhalten kan / Denn zu viel regnen ist der Frucht nicht nütze / und zu viel Trockenheit bringet keine rechte Vollkommenheit / Demnach so Neptunus sein Wasser-Bad vollkommen bereitet hat / so solt du das aquam permanentem wol abmessen / und fleissig in acht nehmen / daß du ihm nicht zu wenig thust.
     Ein zweyfacher feuriger Mann muß mit einem weissen Schwane gespeiset werden / die müssen zusammen ertödten / und zugleich wiederumb lebendig gemacht werden / unnd die Lufft von den vier Oertern der Welt / muß drey Theil der beschlossenen Wohnung des feurigen Mannes besitzen / auff daß der Schwannen Gesang kan Gehör haben / sein Valete zu musiciren / so wird der gebratene Schwan ein Speise des Königs / und der feurige König wird die liebliche Stimme der Königin sehr lieben / und wegen grosser Liebe freundlich zu sich nehmen / und sich an ihr ersättigen / biß sie beyde verschwinden / und in einen Leib eingehen.
     Man sagt / daß zween den dritten dämpffen und erlegen können / sonderlich wann sie Raum haben / ihre Boßheit aufzugiessen: Hierauff soltu wissen auß rechtem Grund / daß ein gedoppelter Wind muß kommen / Vulturnus genant / und darnach ein einfacher Wind / heist Notus, die werden von Orient und Mittage her brausen / und sich bewegen / und so sie alle beteubt werden / daß ihre Bewegung vergangen / un auß Lufft Wasser worden / so magstu kühnlich trauen / daß auß einem geistlichen ein leibliches werden wir / un daß die Zahl durch die vier Zeiten des Jahrs / im vierdten Himmel / nachdem die sieben Planeten ihre Herrschung vollbracht / dominiren / und in der untersten Wohnung des Pallasts seinen Lauff vollenden / und höchtes Examen bestehen wird / so haben dann die zween außgegangene den dritten gedämpffet / unnd verzehret.
     In diesem ist in unser Meisterschafft ein grosses Wissen von nöhten / denn die Außtheilung und Zusammensetzung muß recht getroffen werden / da anders Kunst Reichthumb gebähren / unnd die Wage durch ungleich Gewichte nicht verfälschet werden sol. Und ist dieses der Fels unsers Inhalts / daß du diß Capitel durch den Himmel der Kunst / durch die Lufft und Erden / mit dem wahren Wasser und empfindlichen Feuer / durch Einsetzung gleichmässiges Gewichts / ohn einigen Defect vollenden must / wie ich dir warhafftig gesagt habe.
 


Der Siebende Schlüssel.

 
Die natürliche Wärme erhält den Menschen beym Leben / denn so die natürliche Hitze abgewichen / so hat das Leben ein Ende.
     Das natürliche Feuer / so es mässig gebraucht wird / ist ein Schutz für der Kälte / die überflüssigkeit aber derselben Zerstörung. Es ist nicht nohtwendig / daß die Sonne corporalisch / oder leibhafftig mit ihrer gantzen Substanz das Erdreich berühre / sondern ist genugsam / daß sie von fernen durch ihre radios und Strahlen / so durch die reflexion, wenn sie auff das Erdreich fallen / gestärcket werden / das ihre thue / denn durch solche Mittel hat sie efficaciam gar genugsam / ihr Ampt zu verrichten / und alles durch ihre Kochung zu zeitigen / dann durch die ferne der Lufft werden die Strahlen der Sonnen in ein Temperament gebracht / daß also durch Mittel der Lufft das Feuer / als durch Hülffe der Lufft / und die Lufft durch Hülffe des Feuers wircken kan.
     Erden kan ohne Wasser nicht gebehren / und Wasser kan ohne die Erden auch nichts allein erwecken / Wie nun Erden und Wasser eines des andern nicht kan entrahten zu Gebärung der Früchte / also wenig auch kan das Feuer der Lufft / und die Lufft des Feuers ohne seyn / denn ohne Lufft kan kein Feuer Leben haben / und ohne Feuer kan die Lufft ihre rechte Wärme und Trockenheit nicht erzeigen.
     Der Weinstock bedarff in seiner letzten Reiffe mehr Sonnenschein und Hitze / denn im Anfang des Frühlings / und so die Sonne im Herbst ihre Würckung wol erzeiget / pfleget der Weinstock seinen Safft kräfftiger und besser von sich zu geben / denn so ihme die Wärme durch Mengelung der Sonnenstrahlen entzogen seyn / denn die Kälte hat das Erdreich beschlossen / daß nichts auß ihr herfür wachsen kan / so bald aber der Lenz oder Frühling sich erzeiget / daß die Kälte durch Auffsteigung der Sonnen bebrochen wird / wird alles wiederumb in Leben verkehret / die Bäum und Kräuter erzeigen ihr Leben / und die verborgene Thiere / so für dem kalten winter geflohen / kriechen auß den Speluncken und ihren Hölen wieder herfür / alle Gewächs geben einen neuen Geruch von sich / und wird ihre edle Wirckung / durch die schöne liebliche und mannigfaltige Farbe ihrer Blüht bewiesen. Demnach wircket der Sommer fort / daß auß solcher Blüht ein jeder Art Früchte gezeitigt wird / darauff ein reicher Herbst gefället / d er hundertfältige Frucht bringet / dafür du bißchen dem Schöpffer / als der solcher Anordnung ihr Maaß und Ziel durch die Natur vorgeschrieben / zu dancken.
     Also wircket nun ein Jahr nach dem andern / biß daß die Welt durch ihren Bau Herrn wieder abgebrochen / und die das Erdreich besitzen / durch die Herrlichkeit Gottes erhaben werden / alsdenn wird alle irdische Natur zu wircken ein Ende haben / und wird ein himmlische unendliche an ihre statt die Wohnung besitzen.
     Wenn die Sonne im Winter ferne von uns ihren Gang vollendet / kan sie den grossen Schnee nicht wol zerbrechen / so sie uns aber im Sommer näher kompt / so wird die Lufft feuriger / und wird gestärcket / daß der Schnee schmelzen / auff daß der feuchte Liquor nicht zu schnell vertrockne / auch der Weisen Erdreich nicht zu bald zerschmelze / und auffgelöst werde / sonst würdest u auß gefundenen Fischen in deinem Wasser Scorpion gebähren / sondern wilt du deiner Arbeit rechter Pfleger seyn / so nimb das geistliche Wasser / darauff der Geist anfangs schwebete / und beschleuß für ihme die Thore der Vestung / denn die himmlische Stadt wird von dem an von irdischen Feinden belagert werden / und dein Himmel muß durch drey Bollwerck und Mauren feste Verwahrung haben / auff daß nicht mehr denn ein einiger Eingang mit guter Vorwache bestellet wird / Alsdann wann soches alles vollbracht / so zünde an das Liecht der Weißheit / und suche damit den verlohrnen Groschen / und laß leuchtung geben / so viel von nöhten / denn du solt wissen / daß die kriechenden Thiere und Gewürm ihre Wohnung in der kalten feuchten Erden haben / von wegen ihrer Qualität; Dem Menschen aber ist seine Wohnung auff dem Erdreich in einer temperirten und vermischten Eigenschafft verordnet; Die Englischen Geister aber dieweil dieselben keinen irdischen / sondern Englischen Leib haben / und keinem sündlichen Fleisch wie der Mensch unterworffen / sind in einem höhern Grad gesetzet / daß sie Feuer und Kälte beydes in der obern und untern Region ohn einig Hindernüß ertragen können / und so der Mensch verkläret / wird er soches den Himmel-Geistern gleich thun können / Gott aber regieret Himmel und Erden / und wircket alles in allem.

     Da wir nun unserer Seelen rechte Vorständer seyn / so werden wir zuletzt auch Gottes Kinder und Erben werden / das zu vollbringen / das uns jetzo unmüglich; Solches kan aber nicht geschehen / es werde dann alles Wasser ausgetrocknet / und Himmel und Erden / sampt allen den Menschen / durch das Feur hingerichtet.
 


Der Achte Schlüssel.

Alles Fleisch / es sey Menschliches oder auß Thieren / kan keine fernere Vermehrung und Fortplantzung bringen / es geschehe denn Anfangs durch die Fäulung / auch der Same des Ackers / und alles so dem Vegetabilischen unterworffen und zugethan / kan zu keiner Vermehrung kommen / denn durch die Fäulung / und werden auch viel Thiere und Gewürme in ein Leben erwecket / allein auß der blossen Fäule / ihr lebende Krafft und Würckung zu erzeigen / welches billich ein Wunder über Wunder der natur mag erkant werden; Doch hat solches die Natur zugelassen / dieweil ihr solche lebendige Vermehrung und Erweckung ihres Lebens am meisten in der Erden gefunden / und durch die andern Element durch spiritualischen Samen dero gestalt erwecket wird.
     Dieses mit Exempeln zu beweisen / weiß das Weib des Dorffmanns am besten / denn sie kan keine Hennen zur Haußhaltung ziehen / es geschehe denn durch die Fäulung des Eyes / darauß das Hünlein gebohren wird.
     So das Brod in Honig kompt / so wachsen Ameisen darinnen / welches auch ein sonderlich miraculum naturae für andern ist.
     Der Bauersmann sihet auch / daß auß stinckendem Fleisch Maden wachsen / in Menschen / Roß / und anderer Thiere Leiber / wie dann auch in Nüssen / Apffel / Birn und dergleichen / Spinnen / Würme / und was es mehr ist: Und wer kan die vielerley Art unnd Geschlecht der Würmer erzehlen / so auß der blossen Fäulung wachsen.
     An den Kräutern sihet man gleicher Gestalt / daß vielerley Art Kräuter / als Nesseln und dergleichen mehr an Oertern wachsen / da zuvor kein solch Kraut mehr gestanden / oder sein Same dahin kommen ist / allein durch die Fäulung. Die Ursach dessen ist dieses / daß das Erdreich zu solcher Frucht / derer Oerter geartet / und damit schwanger gehet / welches die Syderischen Eigenschafften ihm von oben herab eingegossen / und also einen Samen spiritualiter darin gewürcket / welcher Samme in dem Erdreich sich selbsten erfäulet / und durch Wirckung und Forthelffung der Element / eine corporalische Materia beieret / nach der Art der Natur: also können die Astra sampt den Elementen wol einen neuen Samen erwecken / der zuvor niemahls mehr gewesen / und welcher Same weiter durch fernere Fäulung kan vermehret werden / den Menschen aber ist so viel nicht zugelassen / daß er neuen Samen erwecken kan / denn die Wirckung der Element und das Syderische Wesen stehet nicht in seiner Gewalt zu formiren; Also wachsen vielerley Art Kräuter nur auß der Fäulung. Dieweil aber solches der Baursmann für eitel Gewonheit achtet / und ferner kein Nachdenckens hat / oder Ursach solcher Wissenschafft ihm einbilden kan / ist es bey dem gemeinen Mann zu einer Gewonheit worden; Du aber / dem da mehr als einem gemeinen Wissenden zu wissen gebühren wil / must weitere Rede und Meinung in acht nehmen / Ursach und Grunde erlernen / wodurch und worauß die lebendige Erweckung unnd Geburt auß solcher Fäulung herkomme / nicht zu wissen als eine Gewohnheit / sondern vielmehr als ein Naturkündiger weil summariter alles Leben durch die Fäulung herkompt / wächst und entstehet.
     Ein jeder Element für sich hat seine Zerstörung / auch wiederumb seine Gebährung / denn der Kunstliebende sol dieses berichtet seyn / und auß überflüssigem satten Grunde wissen / daß in jedem Element die andern drey verborgen ligen / denn Lufft hat Feur / Wasser  und Erden in sich / welches wol unglaublich mag erachtet werden / so ist es doch die Warheit. Also hat Feuer / Lufft / Wasser und Erden in sich / Erden hat Wasser / Lufft und Feuer in sich / sonst könte sie nichts bebähren / und Wasser hat Erden / lufft und Feur in sich / sonst könt auch nichts folgen in ihrer Gebärung 7 unangesehen / daß wol ein jedes Element für sich ist / so sind sie doch vermischt / dieses wird durch die Destillation in Scheidung der Elementen alles gefunden.
     Und daß ich dir dieses mit einer richtigen Proba darthue / damit du Unwissender nicht sagen mögest / mein Thun und Vorgehen seh lauter einfältig Geschwätz / und keine Warheit / so sag ich dir / dem so der Naturen Zerlegung zu wissen verstehen wil / und der Elementum Scheidung zu erlernen ihm vorgesetzt / also daß in der Distillation der Erden gehet / erstlich das Element-Lufft / denn es am leichtesten / nach dem in gewisser Fortfahrung gehet das Element-Wasser / das Feuer stecket in der Lufft / denn sie sind bede geistliches Wesens / und lieben sich wunderbarlich / die Erden bleibt am Boden / darinnen ist das Saltz der Herzligkeit. In der Distillation des Wassers gehet Lufft und Feuer auch am ersten / Wasser hernach / und das Corpus der Erden bleibt in fundo.
     Das Element-Feuer / so das in ein sichtbares Wesen eingetrieben wird / kan durch die Extraction Feuer / Wasser und Erden / j des sonderlich gefangen / und herauß getrieben werden / gleicher Gestalt die Lufft in andern dreyen Elementen wohnet / denn keines unter diesen kan der Lufft entrahten und ohne seyn / die Erde ist nichts / und kan nichts fortbringen ohne Lufft / das Feuer brennet nicht / und hat kein Leben ohne Lufft / das Wasser kan nimer keine einige Frucht befördern noch fortbringen ohne Lufft. Ferner kan die Lufft nichts verzehren / noch eine Feuchtigkeit außtrocknen / so nicht dasselbige durch natürliche Wärme geschicht / so in der Lufft wohnet / dieweil nun Hitze und Wärme in der Lufft gefunden wird / so muß das Element Feuer ja in der Lufft auch seyn / denn alles was heiß und trocken / ist dem feurigen Wesen zugethan / darumb kein Element des andern gar nicht entrahten / noch ohn seyn kan / sondern jederzeit eine Vermischung aller vier Elementen in Gebährung aller Dinge gefunden wird: Und wer das widerspricht / derselbe mit nichten der Natur Heimlichkeit verstehet / noch derer Eigenschafft ergründet hat.
     Denn du solt also wissen / da etwas durch die Fäulung sol gebohren werden / so muß es also zugehen: Die Erde wird durch ihre verborgene und beschlossene Feutigkeit in eine corruption oder Zerstörung bracht / welches der Anfang ist der Fäulung / denn ohne Feuchtigkeit / als des Elements Wasser / kan keine rechte Fäulung geschehen / sol nun eine Geburt auß der Fäulung hernach folgen / muß dieselbe durch eine warme Eigenschafft / als das Element Feuer / sich selbst entzünden und außbreiten / denn ohne natürliche Wärme kan keine Geburt bewiesen werden. Sol nun die Geburt einen lebendigen Athem und Bewegung an sich nehmen / kan solches ohne die Lufft nicht geschehen: Denn wo die Lufft nicht darbey wircken solte / und das ihre auch beweisen / so mußt die erste Composition und das Wesen / darauß die Geburt folgen solte / in sich selbsten ersticken und verderben / wegen Mangelung der Lufft: Darumb nun klärlich zu befinden / unnd in Grund darzuthun / daß alle vollkommene Geburt der vier Elementen mit nichten entrahten kan / und daß immer ein Element in dem andern seine Wirckung und Leben erzeiget / und also in und durch die Fäulung beweisen / denn ohne dieselbige jetziger Zeit / und nunmehr nichts kan in Leben gebohren werden: Und daß solches wahr sey / daß zu einer jeden lebendigen vollständigen Geburt und Erweckung aller vier Element nohtwendig / so wisse / daß / wie Adam der erste Mensch auß einem Erdenkloß von dem höchsten Schöpffer formiret ward / erzeigte sich doch noch kein endliche Beweisung eines empfindlichen Lebens / biß ihm erstlich Gott einen Athem einbließ / da ward der Erden Kloß in eine Leben erwecket / in der Erden war das Saltz / id est, corpus, die einblasende Lufft war der Mercurius, der Geist durch solch Einblasung gab ihm alsbald die Lufft / eine rechte bequeme Wärme / das war Sulphur, id est, ignis, da regte sich hernach und bewieß Adam durch solche Bewegung / daß ihm ein lebendige Seele eingegossen war: Denn Feuer kan ohne Lufft nicht seyn / und auch hinwiederumb kein natürliche Lufft oder Feuer / das Wasser war dem Erdreich einverleibet / weil sie nohtwendig zusammen / so anders Leben folgen sol / in gleichmässiger gesetzten Concordantz stehen müssen.
     Also ward Adam erstlich auß Erden / Wasser / Lufft und Feuer / auß Seel / Geist und Leib / endlich auß Mercurio, Sulphure und Sale erwecket / zusammen bebauet und gebohren.
     Also auch Eva das erste Weib / unser aller Mutter / ist eben dessen theilhafftig / weil sie auß Adamo gebohren / und ist also Eva von Adamo herkommen / und gebauet / das merke ja wol. Und daß ich wieder auff die Putrefaction und Fäulung komme / so sol der suchende Kunst-Meister und Kluge der Philosophi wissen / daß gleicher Gestalt kein Metallischer Same wircken / noch sich in keinem Weg vermehren kan / es sey dann solcher Metallischer Same zuvor in und durch sich selbsten allein ohn einigen frembden Zusatz noch Vermischung zu der vollkommenen Fäule gebracht / wie dann aller vegetabilischer und Animalischer Same / wie erkläret und angezeiget / ohne Fäulung kein Augmentation zum Forschein bringen kan / Also verstehe auch von den Metallen / welche Fäulung nun durch Hülffe der Elementen seine vollkommene operation erreichen muß / nicht daß die Elementa der Same sey / wie zuvor genugsam kund gethan / sondern daß der Metallische Same / welcher durch das himmlische / Syderische unnd Elementische Wesen entsprungen / und in ein leibhafftiges eingangen / durch die Element ferner in solche Fäulung und Zerstörung muß gebracht werden.
     Merke auch dieses / daß der Wein einen flüchtigen Geist bey sich hat / Denn in seiner Distilation gehet der Geist am ersten / und die Phlegma zuletzt / so bald er aber durch langwirige Wärme zu Essig gemacht wird / ist sein Geist nicht mehr alsdenn so flüchtig wie zuvor / denn in Distillirung des Essigs gehet das Wasser oder aquosität am ersten / und der Spiritus am letzten / und ob wol eben die Materia für Augen / so zuvor in dem Gefäß gewesen / so hat es doch viel ein ander Eigenschafft überkommen / dieweil es nicht mehr Wein / sondern durch die Putrefaction und Fäulung der stätigen Wärme transmutirt und zu Essig worden / und alles was mit dem Weine oder seinem Spiritu extrahirt und circulirt wird / hat viel ein andere Eigenschafft und Würckung / Denn so das Vitrum Antimonii mit Wein oder Spiritu vini extrahirt wird / machet es viel Sedes und Stuelgänge / auch eine grosse Erbrechung über sich / denn es ist noch ein Venenum, und sein Gifft ist noch nicht zerstöret und zerbrochen / So aber das Glas vom Antimonio gemacht / mit gutem distillirtem Essig außgezogen wird / gibt es eine schöne Extraction sehr hoher Farbe / alsdenn den Essig im B.M. abgezogen / und das gelbe Pulver / so bleibt / durch offtere Distillation eines gemeinen Wassers / wol abgesüsset / daß die acetositas aller wider davon kommet / So hat man ein süsses Pulver / welches keine Stulgänge mehr machet / sondern ist eine herzliche Medicin zu gebrauchen / so das ihre mit Verwunderung beweiset / und billich für ein Miraculum Medicinae mag gehalten werden.
     Dieses wunderbarliche Pulver resolvirt sich auch in loco humido in einem liquorem, welcher ohn allen Schmerzen unnd Wehetage in Chirurgia das seine auch thut / Davon nun genug.
    Und ist dieses das Haupt-Stück zum Beschluß dieser Rede zu mercken / das himmlische Geschöpff gebohren / dessen Leben durch die Astra erhalten / unnd durch die vier Elementa gespeiset wird / muß sterben / demnach verfaulen / So das geschicht / werden die Astra durch Mittel der Elemente / denen es befohlen / den verfaulten Cörper wiederumb ein Leben eingiessen / daß denn wiederumb ein himmlisches / so in der höchsten statt des Firmaments seine habitation auffschlagen wird / darauß werden kan / So das vollbracht worden / so wirst du sehen / daß das Irdische vom himmlischen mit Leib und Leben verzehret / und der irdische Leib in ein himmlisches Wesen eingangen.



Der Neundte Schlüssel
Der höchste Planet des Himmels / Saturnus genannt / hat in unser Meisterschafft die geringschätzigste autorität / und ist gleichwol der fürnehmste Schlüssel der gantzen Kunst / ist aber auff die niedrigste Staffel gesetzt / und kleinestes Ansehens unserer Kunst zugeordnet / ob er auch wol durch seinen schnellen Flug sich in die höchste Höhe über alle Liechter auffgeschwungen hat / so muß es doch in Abschneidung seiner Federn / biß zu der allerniedrigsten Scheinung gebracht / und durch seine Verderbung in Verbesserung kommen / damit schwarz in weiß / und weiß in roht gebracht werde / auch durch den Lauff der gantzen Welt Farbe / die andern Planeten durchlauffen / biß zu der übrigen Hofe-Farbe des trimphirenden Königes / Und sage also / ob Saturnus für aller Welt geringschätzig geachtet wird / so hat er doch solche Krafft und Stärcke in sich / daß / wo sein herzliches Wesen / welches ist über alle massen eine unbegreifliche Kälte / in das lauffende feurige metallische corpus getrieben wird / daß solchem das lauffende Leben kan benommen / und zu einem sochen schmeidigen Leibe werden / wie Saturnus selbsten ist / doch viel einer besseren Beständigkeit 




unterworffen / welche Veränderung auß Merecurio, Sulphure und Sale ihren Ursprung / Anfang und gewisses Ende hat. Dieses wird nun mancher schwer erachten zu verstehen / wie es dann auch ist / Aber dieweil die Materia gering / so muß der Verstand scharff und hoch seyn / damit ein ungleicher Stand in der Welt bleibe / die Herren von den Knechten zu unterscheiden / und sie durch Dienung können erkandt werden.
     Auß dem Saturno kommen vielerley gestalt Farben herfür / so durch Bereitung und Kunst gemacht werden / als schwarz / grau / weiß / gelb und roht / und was mehr vermischter Farben darauß kommen / also muß die Materia aller Weisen auch viel Farben überwinden / ehe der grosse Stein zu der gewissen gesetzten Vollkommenheit erhaben wird / Denn so offt dem Feuer eine neue Porten des Eingangs eröffnet wird / so offt gibt soches eine neue Form unnd Gestalt der Kleidung zur Außbeut / biß der Arme selbst Reichthum erlanget und überkommen / und keiner Entlehnung mehr bedürfftig ist.
     Wenn die edle Venus ihr Königreich besitzes / und nach Gewonheit des königlichen Hofes die Aempter nach Gebühr außtheilet / so erscheinen sie in ihrer Herzlichkeit / und die Musica trägt ihr eine schöne Fahne für / von rohter Farbe / darauff ist gemahlet die Charitas in grünen Kleidern überauß schöne / und an ihrem Hofe wird Saturnus für einen Hoff-Meister gebraucht / Und wenn er sein Ampt vollbringet / so träge ihm Astronomica ein schwartze Fahne für / darauff ist Fides gemahlet in gelb und rohter Kleidung / Jupiter mit seinem Scepter muß das Ampt eines Marschalles verrichten / Rethorica trägt ihm ein Fahne von grauer Farbe für / darauff ist gemahlet die Spes zierlich mit Farben geschmückt; Mars verstehet alle Kriegs-Sachen / und führet das Regiment mit feuriger Dürstigkeit / und trägt ihm Geometria ein blutige Fahne für / darauff ist gemahlet die Fortitudo mit rohtem Gewand bekleidet. Mercurius ist aller Cantzler / und trägt ihm für die Fahne von allen Farben zhusammen gesetzt Arithmetica, denn er ist nicht außzurechnen / darauff ist gemahlet Temperantia von Farben wunderbarlich. Sol ist ein Statthalter des Königreichs / und trägt ihm für Grammatica eine gelbe Fahne / darauff ist Justitia gemahlet in güldenen Stücken / Welcher Statthalter / ob er gleich mehr Gehorsam hat in seinem Königreich / so hat doch die Königin Venus durch den überflüssigen hochleuchtenden Glantz ihn geblendet unnd überwunden. Luna aber erscheinet auch / und trägt ihr für Dialectica eine Silber-Farbe weißgläntzende Fahne / darauff ist gemahlet Prudentia, mit himmelblauer Farbe angestrichen / Und dieweil der Luna ihr Ehemann gestorben / so hat sie das Ampt ererbet / daß sie wird forthin die Königing Venus nicht mehr regieren lassen / denn sie hat Rechenschafft von ihrer Haußhaltung  gefordert / alsdenn wird ihr der Cantzler Hülff erzeigen / daß ein neu Regiment wird auugerichtet / und sie beyde über die edle Königin regieren werden / verstehe / daß ein Planet den andern von seiner  Herzlichkeit / Ampt / Herzschafft und Gewalt muß abtreiben und entsetzen / biß die besten unter denselben allen das höchste imperium erhalten / und mit der besten beständigsten Farbe mit ihrer eersten Mutter ihn zugethan / auß angebohrner Standhafftigkeit / Lieb und Freundschafft im Siege obligen / Denn ist die alte Welt vergangen / und ein neue Welt an die stete kommen / und hat ein Planet den andern spiritualisch verzehret / daß nur die Stärckesten durch Speise der andern geblieben sind / und zwey und drey durch eins allein überwuden worden.
     Zum endlichen Abscheide hierauff solt du allding vernehmen / daß du solt auffziehen die himmlische Wage / den Widder / Stier / Krebs / Scorpion / und Steinbock / Der ander Seite der Wage solt du aufflegen den Zwilling / Schütz / Wassermann / Fisch und Jungfrau / denn verschaffe / daß der Goldreiche Löw der Jungfrauen in den Schoß springe / so wird  solch Theil der Wage überhand nehmen / und dem andern Theil in der Schwere überlegen seyn / laß denn die zwölff Zeichen des Himmels mit dem sieben Gestirn in einen Gegenschein gerathen / so wird nach Erfüllung aller Welt Farben / ein endliche Conjugation und Zusammenfügung geschehen / daß das gröste zum geringsten / und das geringste zum allergrösten kommen wird.
 
Wenn da stünd der gantzen Welt Natur /
     Nur bloß allein in einer Figur /
Und könt durch Kunst nicht anders werden
     kein Wunder findt man dann auff
                            Erdn /
Und die Natur nicht zu beweisen /
     Dafür doch Gott ist hoch zu preisen.



Der Zehende Schlüssel.
In unserm Stein durch mich und lang für mir gemacht / sind beschlossen alle Elementa / alle mineralische unnd metallische Gestalten / ja alle qualitates und Eigenschafften der gantzen Welt / denn in ihm muß gefunden werden die allgrösseste und gewaltigeste Hitz / Denn durch sein grosses
 
 innerliches Feuer wird der kalte Leib des Saturni erwärmet / und durch solche Entzündung in das allerbeste Gold verändert / Es muß in ihm auch gefunden werden die allergrösseste Kälte / dieweil durch seinen Zusatz gemildert wird der hitzige Grad Venus, und lebendige Mercurius coaguliert wird / und gleicher massen durch seine Erstarrung zu gutem beständigem Gold werden muß / die ursach desselbigen ist / daß alle solche Eigenschafften unserer Materia des grossen Steins durch die Natur eingegossen ist / Welche Eigenschafften durch die gradus ignis außgekocht und gezeitiget werden müssen / biß sie die allerhöchste Vollkommenheit erlangt haben / welches ehe nicht geschicht / es habe denn der Berg Aethna in Cicilia außgebrandt / und gar keine Kälte mehr auss dem gedichten hohen Gebirge Hyperboreum gefunden wird / welchen Ort man auch Filictum nennen mag.
     Alles Obst / so es fur seiner vollkommenen Reiffe abgebrochen wird / ist untüchtig und wird welck / daß man dasselbe mit Nutz nicht wol brauchen kan / Auch so der Hafner seine Wahr durch das Feur nicht genugsam brennt und gar machet / wird die Wahre nicht tüchtig zu gebrauchen / denn sie ist nicht genugsam durch das Feuer gezeitiget.
     Also auch mit unserm Elixir muß wargenommen und fleissig gemercket werden / daß man ihm seine rechte Zeit vergänne / und jan icht für derselben seine Wolfahrt abstricke / damit ihm keine falsche Aufflage zugemessen / und ihm die Schuld der Unwürdigkeit auffgewickelt werde / Denn so die Blüth abgebrochen wird / hat man wol zu erachten / daß hernach keine Frucht davon wachsen kan / Darumb ist eilen nicht gut zu der Meisterschafft / denn ein eilender Mensch wircket selten etwas gutes in d er Kunst / sondern wird durch eilen mehr verderbet denn gut gemacht.
     Darumb sol sich kein suchender durch Begierde verführen lassen / etwas für seiner Zeit außzunehmen und abzubrechen / damit ihm der Apffel nicht entfalle / und nur den leeren Stiel darvon in Händen behalte / denn in Warheit / so unser Stein nicht genugsam gezeitiget wird / so wird er auch nichts zeitiges wircken können.
     Im Wassergrad wird die Materia auffgeschlossen / und durch die Fäulung vereinigt / in der Aschen überkomt sie die Blüht der Früchte / durch den Sand werden alle Überflüssigkeiten außgetrocknet / das beständige Flammen Feur aber bringt beständige Reiffe / sampt seiner Fixigkeit / Nicht daß man Marienbad / Roßmist / Aschen und Sand nach einander haben / und nohtwegen brauchen muß / Sondern daß die gradus und das Regimen ignis allein dero gestalt muß vollführet werden / Denn der Stein wird gemacht in einem leeren Ofen / dreyfacher Bewahrung / feste verschlossen / eingesperret / und durch stätigs Feuer gekochet biß alle Nebel und Dünste verschwunden / und das Keid der Ehren mit trefflichen Glantz erschienen / und auff einer statt zu unterst des Himmels verharren / und lauffend stehen bleiben wird. Und wenn die Arme des Königes nicht mehr über sich reichen können / so ist die Herrlichkeit der Welt erstritten / Denn der König ist ewigwehrender Beständigkeit worden / kein Gefahr wird ihm mehr schaden / dieweil er unüberwindlich worden ist / Hierzu sage ich also: Wenn dein Erdreich in seinem eigenen Wasser auffgelöset ist / so trockne das Wasser durch das gebührliche Feuer gantz und gar auß / so wird die Lufft ein neu Leben anblasen / und wenn das Leben wider leibhafft gemacht / so hastu eine Materia / so rechtswegen keinen andern Nahmen haben kan / denn der grosse Stein der Welt / welcher menschliche und metallische Leiber durchgeht / wie ein Geist / ist eine Universal-Medicin ohne Mangel / denn sie treibt das böse auß / und erhält das gute / ist auch eine Verbesserung / daß das böse zugleich mit dem guten gut werden muß seine Farbe zeucht sich von der durchsichtigen Röthe auff die dunckelbraune / von der Rubinfarbe auff Granaten / ind in der Schwere ist er mächtig und überwichtig.
     Wer solchen Stein überkommen / der dancke dem höchsten Schöpffer aller Creaturen / für solchen himmlischen Balsam / und bitte für sich und seinen Nächsten / daß er denselben gebrauchen möge zu zeitlichem Auffenthalt dieses Jammerthals / und in jener Welt alsdenn hernach ewige Wolfahrt haben möge. Gott sey für seine unausprechliche Gabe und Gnade hochgelobet in Eweigkeit / Amen.


Der Elffte Schlüssel.
Den elfften Schlüssel der Vermehrung unsers grossen Steins wil ich dir durch ein Gleichniß also für halten und kundbar machen.
     Es wohnete im Morgenland ein herzlicher Ritter / Orpheus genannt / der war an Gut überauß reich / und an allem Vermögen sehr mächtig / der hatte seine leibliche und natürliche Schwester / Euridice genannt / zu der Ehe erwehlet / für seine Hauß-Frau erkannt und angenommen / Dieweil er aber keine Erben mit ihr überkommen möchte / und der Sünde Ursach zumaß daß er seine Schwester zum Weib erwehlet hatte / lag er mit embsigen Anhalten dem Höchsten stätig für Ohren / und durch Bitte zu erlangen / ob er ihm Segen verleyen wolte / seiner Bitte Genügen zu vergönnen.
     Und indem er einsmahls mit einem sehr tieffen Schlaff umbgeben und eingenommen war / da kam im Traum ein fliegender Mann zu ihm / Phoebus genannt / der griff und rühret seine Füsse an / die waren sehr warm / und sprach zu ihm: Nachdem du elder Ritter viel Königreiche  und Lande / auch viel Städte und mächtige Herrschafften durchwandert hast / auff dem wilden Meer viel Gefahr erlitten


/ im Kriege so viel erstritten / daß du zu einem Ritterlichen Stande erkohren / und für allen andern dir vergönnet worden / dieweil du auch im Kampff unnd Thurnier manch Speer gebrochen / und offter der Danck dir durch das würdige Frauen-Zimmer zugesprochen worden / so hat mir der Vater im Himmel befohlen / dir anzuzeigen / daß dein Bitt Gehör und Verstattung bey ihm erlangt hat / darumb solt du nehmen das Blut auß deiner rechten Seiten / unnd das Blut aus der lincken Seiten deines Weibs / auch das Blut / so deinem Vater unnd deiner Mutter in ihren Hertzen gesteckt /  sind natürliches Rechts nur zweyerley / und doch nur einerley Blut / die vereinige zusammen / und laß sie alsdenn wiederum eingehen in die Kugel der sieben weisen Meister / gantz bloß beschlossen / so wird der gebohrne Großmächtige gespeiset mit seinem Fleisch / und geträcket mit seinem Blut der Ehren / Wenn du das recht machest / so wirstu viel erben / und ein unzehlige Schaar von deinem Leib gebohren / hinterlassen / Doch wisse / daß der letzte Same in der achten Verjährung der Zeit / wie dein erster Same / darauß du anfänglich gemacht bist / seinen Lauff zum Ende bringen wird / Thust du das öffter / und fangest von neuen an alle mahl / so wirst du sehen / Kindes-Kind / daß die grösser Welt auß Gebährung des kleinern gantz und gar wird erfüllet werden / auff daß dem Schöpffer sein Himmelreich vollkommen besessen wird.
     Wie dieses vollendet war / flog Phoebus w ieder hinweg / und erwacht der Ritter / der stund auff von seinem Bette / und wie er dem allen nachkam / wie ihm befohlen war / hatte der Ritter in alle seinem Vornehmen nicht allein Glück und Heyl / sondern Gott bescherete ihm mit seiner Haußfrauen viel Leibserben / die erlangten auch ferner durch ihres Vaters Testament ein denckwürdigen Nahmen / und die Ehre der Ritterschafft bleibt bey ihrem Geschlecht / mit Reichthum für und für.
     Mein Lehrer der Kunst / bist du nun Weltverständig / do darffstu keiner Außlegung und interpretation mehr / Da dir aber solcher Verstand mangelt / so gib nicht mir die Schuld / sondern deiner Unwissenheit selbsten / dann mir ist weiter Eröffnung des Schlosses verbotten / das muß ich halten / und demselbigen gehorsamen / Dem es aber der Allmächtigkeit bescheren wil / ist es deutlich und klar genugsam geschrieben / und noch klärer / daß es schier niemand glauben kan / Denn ich habe den gantzen Acum figurate und nach Brauch geschrieben / wie meine Lehrer vor mir auch gethan haben / und aber noch klärer / denn ich habe nichts  verborgen / hast du das Fell der Trübigkeit abgezogen von deinen Augen / so wirst du finden das jenige / so viel gesucht / und wenig gefunden haben / Denn die Materia ist allerdings genannt / auch der Anfang / so wol das Mittel / sampt dem Ende angezeiget worden.


Der Zwölffte Schlüssel.
Ein Fechter / der sein Schwerd nicht wol brauchen kan / dem ists auch nicht nütze / denn er hat den Brauch desselben Nutzbarkeit nicht recht erlernet / Denn so ein ander / so sich des Schwerds besser denn er gebrauchen kan / gegen ihn in Vorsetzung kömt / muß der untüchtige geschlagen werden / Welcher aber die Fechtschule mit allen Meister griffen wol erlernet / trägt den Krantz davon.
     Also wer gleich eine Tinctur durch Verleihung allmächtiges Segens erlanget und überkommen hat

 / und daneben nicht wissen wird zu gebrauchen / eben solchen zu helffen seyn wird / wie von Fechter erzehlet / so sein Schwerdt ihm in die Hand gegeben / nicht zu gebrauchen weiß. Dieweil aber dieses der zwölffte  / und als mein letzter Schlüssel / zu endlicher Absolvirung meines Buchs ist / wil ich dich zwar weiter gar in keine philosopische verblümte noch figürliche Rede führen / sondern ohn einigen Defect diesen Schlüssel der Tinctur / mit vollständigem warhafftigen Proceß offenbahren / Und darumb gehorche meiner nachfolgenden Lehre also:
     Wann die Medicin und zugerichter wolbereiter Stein aller Weisen / auß der rechten Jungfrauen-Milch gemacht worden / und vollständig bereitet ist / so nimb derer ein Theil / des allerbesten und feinesten Goldes / durch den Antimonium gegossen / und purgirt drey Theil / das schlage gantz dünne / als immer müglich ist zu schlagen / Thue es zusammen in ein Geschirr / da man Metallen in zu schmeltzen pflegt / gib ihm anfänglich ein gelindes subtil Feuer zwölff Stunden / alsdenn laß fliessen drey Tag und Nacht continue, so ist das purgirte Gold und Stein zu lauter eitel Medicin worden / gantz subtiler spiritualischer unnd durchdringender Eigenschafft / Denn ohne Ferment des Goldes kan der Stein nicht wol wircken / oder seine Tinctur erzeigen / denn es zu subtil und durchdringend / So es aber mit seines gleichen fermentirt und versetzt wird / alsdenn hat die gemachte Tinctur einen Eingang oder Ingreß erlanget in das ander zu wircken / Nimb alsdenn des zugerichteten Ferments ein Theil auff tausend Theil im Flusse derer Metall / so du tingiren wilt / so wisse in der höchsten aller Welt Warheit und Rede / daß solches alles zu gutem beständigen Golde werden muß / dann ein Leib gegreifft alsdenn gern wiederumb einen andern Leib / ist er gleich nicht seines gleichen / so muß er doch durch Krafft und Gewalt ihm zugefügt / wiederumb zu seines gleichen werden / sintemal doch gleich von seines gleichen gebohren worden.
     Wer dieses Mittel gebraucht / dem werden alle Beständigkeit offenbahr werden / die Vorhöfe des Saals haben am Ende alsdenn ihren Außgang und keiner Creatur ist diese Subtilität zu vergleichen / dennsie alles in allem / so natürlicher Art und Herkommen nach / als in der Welt unter der Sonnen mag gefunden werden / in sich führet und besitzet.
     O Anfang erstes Anfangs / bedencke das Ende / O Ende letztes Ende / bedencke den Anfang / und lasset euch das Mittel befohlen seyn / in allen treuen / So wird euch Gott Vater Sohn und heiliger Geist geben / was ihr an Geist / Seel und Leib bedürfftig seyn werdet.